Bisher habe ich mich nach Möglichkeit immer versucht von dem Thema fern zu halten, weil es so viele extreme Meinungen darüber gibt und ich ja ein Verfechter des Gedanken bin, dass wenn man in ein fremdes Land geht und offensichtlich anders aussieht, die Sprache des Landes nicht (oder nicht perfekt) beherrscht, etc, es normal ist, dass man sich mit verschiedenen Reaktionen zur eigenen Person auseinandersetzen muss, da man nun einfach anders ist. Das bedeutet meiner Meinung nach aber nicht, dass das alles Diskriminierung ist. Und natürlich sind von Land zu Land die Reaktionen auch verschieden. Nehmen wir ein Land wie die USA, dessen Bevölkerung bereits grundsätzlich aus verschiedenen ethnischen Gruppen zusammengesetzt ist, so dass bei Eskalationen zum Beispiel um Bräuche, natürlich auch zu extremen rassistischen und diskriminierenden Situationen kommt, aber, wenn man nun als Ausländer (in meinem Fall besonders als Frau mit weißer Haut) nun dahin kommt, so wird man wahrscheinlich nicht angestarrt werden und aufgrund das Englisch Weltsprache ist, wird davon ausgegangen, dass man zumindest simple Konversationen führen kann. In europäischen Ländern wird es ähnlich, wenn nicht sogar noch einfacher sein, wenn man die Grenzen überschreitet und sich versucht, in dem anderen Land zurecht zu finden. Man muss sich besonders vor Augen führen, dass auf vergleichsweise engem Raum viele Länder und Kulturen angesammelt sind und man sich einfach kennt, weil man Nachbarn ist, weil man die gleiche Währung hat und weil man in der Geschichte über tausende von Jahren mit einander zu tun hat. Das schafft eine Verbindung, ein Verständnis und eine Vorstellung für die verschiedenen Länder um einen herum und den Menschen, die in ihnen leben. Und meiner Meinung nach ist das ein Grundverständnis, dass nicht nur bloß durch Fernsehen oder Bücher vermittelt wird, sondern dadurch, dass man selbst jeden Tag Menschen sieht, die vielleicht eine andere Hautfarbe haben als man selbst, die eine andere Muttersprache sprechen und man selber so oft in die Situation kommt, irgendwo Ausländer zu sein.
Nun, jetzt gehen wir aber mal in Regionen, die weit weg sind, deren Menschen (auch geschichtlich) nicht viele Erfahrungen mit anderen ethnischen, sozialen und kulturellen Gruppen und Menschen haben. Ich persönlich denke, dass die meisten Reaktionen der Menschen dort erst mal von Neugier motiviert sind. Das fängt an, dass sie die Haut oder die Haare anfassen möchten, vielleicht nicht glauben können, dass man ihren Sprache spricht und sie sich über so allmögliches wundern, was der „Fremde“ so macht und tut. Das klingt ziemlich primitv, ist es aber nicht. Schließlich ist jeder bei neuen Dingen und Erfahrungen erstmal in einer gewissen Art dasziniert. Oder einfacher gesagt: Selbst wenn ich schon tausend mal gehört, gelesen oder vielleicht sogar im Fernsehen gesehen habe, dass Sonnenuntergänge schön sind, so bin ich doch trotzdem beeindruckt, fasziniert und vielleicht sogar überrascht, wie schön so ein Sonnenuntergang ist, wenn ich ihn das erste mal mit eigenen Augen sehe. Wir Leute aus Europa vergessen mit den Jahren einfach nur, wie es ist, etwas Neues zu sehen, zu leben oder zu entdecken, weil wir bereits als Kinder mit so vielen Möglichkeiten überschüttet werden, Wissen zu sammeln, Menschen verschiedenster Hintergründe zu begegnen, verschiedene Sprachen zu hören. Aber wenn ich nachdenke, erinner ich mich noch ziemlich gut, wie fasziniert ich mit 12 Jahren zunächst von den Augen meiner Freundin Anja war, deren Mutter von den Philipinen ist, und das obwohl ich natürlich schon tausende Asiaten im Fernsehen oder irgendwo auf der Straße gesehen habe. Aber direkt vor einem Menschen zu stehen und bewusst und unterbewusst langsam zu analysieren und zu begreifen, dass er etwas mehr anders ist als sonst so die Menschen um einen herum löst doch wahrscheinlich noch einmal was anderes in einem aus.
Ich könnte jetzt noch Stunden weiter schreiben und noch irgendwelche Vergleiche zu afrikanischen Ländern und allmöglichen ethnischen Gruppen ziehen, aber ich denke, was ich sagen wollte, ist jetzt auch so klar geworden.
Und um nun das ganze auf Japan zu beziehen, worauf ich ja eigentlich hinaus will (haha ^^;): Ich halte es nicht für Diskriminierung, wenn Menschen meine Fähigkeiten, Japanisch zu sprechen oder mit Stäbchen zu essen, loben. Auch das Angestarrt werden oder dass sich jemand vielleicht im Zug nicht neben mich setzt, obwohl da Platz ist, passiert für mich nicht aus rassistischen Motiven. Zugegeben, solche Dinge nerven oft, und wenn ich jedes Mal einen Cent dafür bekommen würde, dass man mir sagt, dass ich riesig bin, dass ich wahrscheinlich Bier mag oder dass mein Japanisch toll ist, wäre ich bereits reich, stinkreich. Aber all die Leute, die das als fiese Diskriminierung anprangern, suchem meiner Meinung nach nur nach einem Grund sich aufzuregen und denken nicht viel über ihre Mitmenschen, über ihre eigenen Handlungen und die gesamte Situation nach.
Nach reiflicher Überlegung gestern, habe ich festgestellt, dass auch wenn ich selbst schonmal gedacht habe, dass die oben genannten Dinge diskriminierend sind, dass ich aber eigentlich in insgesamt fast zwei Jahren, die in diesem Land verbracht habe, nur nie wirklich diskriminierend oder rassistisch behandelt worde bin. (Und ich denke, dass sehr viele Menschen mit Migrationshintergund in Deutschland das nicht von sich behaupten können.) In 90% der Fälle (die restlichen 10% ignorieren die Tatsache, dass man einen Ausländer vor sich hat oder ist vielleicht wirklich an den Umgang mit Ausländern gewöhnt) freuen sich die Menschen, mit mir reden zu können, sind Neugierig, was mich (vielleicht nicht unbedingt meine Person) angeht, und ich selber bekomme dadurch eine große Möglichkeit jemanden einfach durch meine Existenz glücklich zu machen (man hat nicht einfach nur gesagt bekommen, dass man hübsch aussieht, nein man hat von einer großen Weißen, die man selber für hübsch hält, gesagt bekommen, dass man bezaubernd aussieht, etc ^^).
Nun, das alles sprudeln aber gerade aus mir aus und die ganzen Überlegungen bewegen mich gerade sehr, da ich gestern wirklich zum allerersten mal hier in Japan diskriminiert wurde. Und dass ich so geschockt darüber bin, beweist nur zusätzlich, dass ich mich eigentlich nie mit Diskriminierung im eigentlichen Sinne auseinandersetzen musste.
Gestern auf der Arbeit gab es einen Tisch mit drei Frauen mittleren Alters, die mich komplett ignoriert haben, wenn ich Sachen an ihren Tisch gebracht habe oder sie nach den Getränken gefragt habe und als ich auf ihr Rufen hin bin, um die Bestellung aufzunehmen, hat die eine mich weggewedelt und meine Kollegin hergerufen, die aber eigentlich die Hände voll hatte. Zum Abschluss hat die andere mir mit bescheuerten Handzeichen und einer Artikulation der Wörter, als ob ich taub oder behindert wäre, verständlich gemacht, dass sie die Rechung will. Das Ganze hat mich wirklich geschockt und mein Vorgesetzter und meine Kollegin waren sehr süß und haben für mich über die Frauen leise geflucht, was ich eigentlich auch gerne getan hätte oder ihnen irgendwas ziemlich böse Klingendes auf Deutsch gesagt hääte. Oder auch alternativ etwas ziemlich klug klingendes auf perfekten Japanisch. Stattdessen hab ich mich in den paar Sekunden, in denen ich Zeit hatte, über die ganze Situation nachzudenken, dazu entschlossen, noch höflicher und mit dem schönsten Lächeln das ich habe, die drei weiter zu bewirten. Das war ziemlich hart und gerade bin ich gefühlstechnisch noch nicht so weit, darauf stolz zu sein, diese wahrscheinlich relativ erwachsende Entscheidung getroffen zu haben, da ich wirklich lieber der einen meine Meinung gesagt hätte, als sie mich wie Abschaum weggewedelt hat. Und ich glaube auch nicht, dass ich bei denen irgendewas im Kopf bewegt habe oder dass sie überhaupt bemerkt haben, dass ich extra-freundlich zu ihnen war oder dass ihr Verhalten einfach nur das Letzte war. Aber da kann man nichts machen. Überall auf der Welt, unabhängig von Kultur, Staatsangehörigkeit oder ethnischer Herkunft, gibt es dumme und bescheuerte Menschen und auch das sollte man mit einbeziehen, bevor man sagt, dass irgendein Land voll von Diskriminierung ist.
So und jetzt mach ich mir Frühstück und sinne noch ein bisschen über diese noch nie gemachte Erfahrung, aus der ich lernen werde ^^
In diesem Sinne,
laura